Mittwoch, 8. August 2007

Auf Entdeckungsreise

Nur noch wenige Wochen und ich kehre wieder zurueck. Im Moment versuche ich, so gut wie es geht, meine Zukunft zu planen. Es ist nicht so einfach, weil ich im Moment viel unterwegs bin.
2 Monate sind schon verflogen und ich erlebe jeden Tag etwas Spannendes. Der Alltag stellt sich hier gar nicht ein.

Schule
An zwei Vormittagen konnte ich jeweils Nadine und Lukas zur Schule begleiten. Der Morgen läuft wie folgt ab: Es läutet eine Glocke und dann stellen sich jeweils die Klassen in einer Kolonne auf. Die Grössten sind zuvorderst und die Kleinsten zuhinterst, wie das Antrittsverlesen (AV) im Militaer. Die philippinische Flagge wird gehisst und die Nationalhymne wird gesungen. Dann streckt man einen Arm in die Luft und man schwört vielleicht einen Eid. Manchmal hat der Schuldirektor noch eine Ansprache, ansonsten pilgert man still und leise mit verschränkten Armen in die Klassenzimmern. In den Klassenzimmern befinden sich jeweils 20-30 Kinder und so kann die Lehrerin ruhig ihren Unterricht beginnen. Übrigens die Schüler tragen hier eine Uniform, je nach Schule eine andere Farbe.
Am 1. Vormittag besuchte ich den Kindergarten mit Nadine. Die Kinder sitzen an sehr kleinen, gleich hohen Pulten und Stühlen. Vor dem Unterricht wird gebetet (katholische Schule), dann begrüsst man die Lehrerin und die Klassenkameraden. Mich begrüssten sie auch (Hallo visitor). Der Unterricht bestand aus singen, malen, Buchstaben kennenlernen (Aussprache) und einüben einer Präsentation. Mich erstaunte, dass sie schon im Kindergarten Buchstaben lernen, aber schon auf einen spielerische Art und Weise. Ein wichtiges Thema scheint zu sein, wie man die Tiere behandelt. Mit Bildern erklärt die Lehrerin, was gut und was schlecht ist. Es wird viel Schwarz - Weiss gemalt. Am Schluss der Schule wird wieder gebetet.
Am 2. Vormittag wohnte ich der Klasse von Lukas bei (1. Primarklasse). Ich verwunderte mich, dass sie schon zwischen Konsonnanten und Vokale unterscheiden koennen (Nach 2 Monaten, aber sie lernen schon im Kindergarten die Buchstaben kennen). Im Unterricht wird sehr viel gedrillt, bis es die meisten Schueler auswendig koennen. Im Unterricht zaehlt mehr die Gemeinschaft als das Individuum. Alles wird gemeinsam erledigt.
Hier findet man noch die "gute alte Schule" vor, wie es eine oder 2 Generationen vor mir erlebt haben. Die Lehrerin hat einen Stab aus Holz in der Hand. Wenn eine Schuelerin oder ein Schueler nicht ruhig ist, schlaegt sie manchmal auf die Haende. 30 Schuelerinnen und Schueler im Griff zu haben, ist sicher schwierig.
Der Unterricht war auch ein bisschen unruhig, sicher auch durch meine Praesenz. Manchmal liefen einige Kinder zu mir und sie beklatschten meine Haenden. Manchmal umrundeten mich bis zu 8 Schueler. Fuer die Filipinos bin ich natuerlich ein ganz grosser Mann, besonders bei Gruppenfotos faellt es mir auf. Am Ende des Vormittags versuchte ich noch ein Klassenfoto zu machen.

Totenwache
Auntie Grace und Uncle Carlito luden mich zu einer Totenwache in Tokogan (oder Tukogan) ein. Ich hoerte schon viel ueber die Totenwache und war gespannt, was auf mich zu kommen wird.
Als Erstes betrat ich mit Auntie Grace das Haus. Der Leichnam lag in einem Sarg (manchmal bindet man ihn auch an einen Stuhl fest). Rund um den Sarg sassen Frauen und sangen Lieder. Nach einer Weile erhielt ich auch ein Singbuch und ich beteiligte mich am Gesang. Als niemand mehr sang, verliess ich das Haus und konnte miterleben, wie sie wieder einmal ein Schwein schlachten. Jetzt ist alles auf einem Video verewigt. Ich sah diesmal auch zu, wie sie das Fleisch verarbeiten und zerstueckeln. Es wird sowieso alles vom Schwein gegessen, Fett und sogar die Ohren. Auf einmal riefen mir ein paar alte Maenner zu, ich solle zu ihnen kommen. Sie offerierten mir Zuckerrohrschnaps, Brandy und Gin. Sie hatten grosse Freude, dass ich von allem probierte, ist fuer sie vielleicht auch eine Ehre.
Die Totenwache ist nicht so still wie bei uns. Die Frauen singen im Haus, die Maenner trinken oder spielen ein Kartenspiel mit Geld. Einen Teil des Gewinnes wird den Angehoerigen des Verstorbenen gespendet. Es wird auch gemeinsam gegessen. Manchmal schauen die old folks auch die Leber des Schweines an und entscheiden, ob man nochmals ein Schwein schlachten muss.

1. August
Auch hier auf den Philippinen haben wir mit Cervelats und Bratwuerste unseren Nationalfeiertag gefeiert. Fast alle BMI-Fachpersonen genossen einen gemuetlichen Abend im Chocolate House (Haus Familie Huebscher). Dabei habe ich gemerkt, dass ich mich am 1. August viel im Ausland befinde.

Seminar in Banaue
Am letzten Wochenende konnte ich an einem Seminar fuer Kathecheten teilnehmen. Die Reisfelder von Banaue gelten als das 8. Weltwunder. Die Reisfelder sind ungefaehr 2000 Jahre alt, aber Banaue selber ist nicht so schoen. Es gaebe dort noch einen sehr schoenen Aussichtspunkt, aber ich besuchte ihn nicht. Dafuer erlebte ich sonst etwas.
Als wir am Freitagabend in Banaue ankamen, hiess es, die Priestern und ich werden in einem Hotel essen. Ich sagte, wegen mir muessen wir sicher nicht in einem Hotel essen, ich koennte auch im Pfarrhaus das Abendessen einnehmen. Sie erklaerten mir, dass nur Frauen im Pfarrhaus essen und die Maenner heute auswaerts essen werden. Also ging ich mit den Priestern ins Banaue Hotel. Poah, was fuer ein nobles Hotel, ich staunte. Der Speisesaal war etwa gleich gross wie der Gemeindesaal ohne Buehne von Reckingen. Bald einmal merkte ich, dass es sich um eine Einladung zu einer Geburtstagsfeier handelt. Natuerlich bekamen die Priestern und ich die besten Plaetze neben dem Geburtagskind (Direktorin des Hotels). Verschiedene Personen traten auf und tragten etwas vor. Sogar der traditionelle Tanz der Region mit Gongs wurde vorgefuehrt. Nach den Auftritten wurde das Nachtessen serviert, das Fleisch war wunderbar zart. Nach dem Essen war das Fest schon vorbei, ist irgendwie typisch fuer Philippinen. Die Direktorin war ueber meine Anwesenheit erfreut und probierte mit mir ein bisschen Deutsch zu sprechen. Hier erfuhr ich wieder einmal die herzliche Gastfreundschaft der Filipinos. Hier kann man sich nur wohl und auch ein bisschen geborgen fuehlen.
Am Samstag fuehrten wir das Seminar durch. Ich durfte 3 Animationslieder mit den Teilnehmern einueben, machte ziemlich Spass.

Empfang von Pfarrer Pedro in Hapao
Der Vorgesetzte des Kathechetenbueros ist Pfarrer Pedro und darum wurden wir zu seinem Empfangsgottesdienst in Hapao eingeladen, ungefaehr 1,5 Stunden von Banaue entfernt. Nach der Messe assen alle Gottesdienstteilnehmer gemeinsam das Mittagessen.
Am Nachmittag weihte Pfarrer Pedro ein Haus ein und ich wurde von den old folks zu einem Brandy eingeladen...

Die Busse fahren meistens nur morgens in den kleinen Doerfern (zum Vergleich mit den Gommer Doerfern sind sie sehr gross). Darum mussten wir nochmals eine Nacht in Hapao verbringen.

Baguio
Baguio nennt sich die "Sommerhauptstadt". Im Sommer verbringen die Einwohner von Manila ihre Ferien in Baguio (1500 m.u.M.), weil es kuehler ist. Auntie Grace und Uncle Carlito behandeln mich hier schon fast wie ein Sohn. Sie sorgten dafuer, dass ich bei ihrem Sohn (Alfonsmith, kurz AS) in Baguio uebernachten konnte. Er holte mich bei der Busstation ab und begleitete geduldig Bruno und mich ins Immigrationsbuero. Ich musste mein Visum verlaengern, klappte ohne Problem, kostete auch ueber 100 Franken. In der Schweiz zahlte ich nur 51 Fr., aber jede Visumsverlaengerung sei teurer.
AS wohnt bei seiner Tante, die seinen juengeren Bruder adoptiert hat und studiert Architektur. Am naechsten Tag brachte er mich zur Busstation Richtung Mangatarem.

Mangatarem
Im Moment befinde ich mich in Mangatarem (70000 Einwohner, ziemlich verstreut). Ich wohne fuer eine Woche bei Martin Hungerbuehler. Sein Lebensverlauf ist noch spannend, er absolvierte 3 Ausbildungen: Forstwart, Theologe und Krankenpfleger. Sowie er mir erklaerte, kann er hier alle 3 Berufe ausleben.
Zurzeit zieht ein Taifun noerdlich von Philippinen durch, es regnetet bei uns fast den ganzen Tag und ziemlich stark. In den Bergen entdeckt man Erdrutsche und hier in der Lowlands werden die Haeuser, die zuwenig hoch gebaut sind, ueberschwemmt. Wie ich gelesen habe, sind in der Schweiz auch gerade Ueberschwemmungen, also stehen wir vor aehnlichen Problemen.

Heute morgen besuchten wir ein 11-monatig altes Baby, es ist ziemlich stark unterernaehrt und atmet sehr schwer. Vielleicht kann man mit einer Operation dem Kind helfen, aber Operationen koennen sich die wenigsten Familien leisten. Martin und eine Nonne erklaerten der Mutter, was fuer Moeglichkeiten sie haette. So duenne Arme und Beine sah ich bis jetzt nur im Fernseh, in Wirklichkeit erschuetterte es mich noch mehr.

Hoplaa, bis zum naechsten Mal.

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